Ratsbeschluss zur Bahnhofsunterführung rechtswidrig?
Der Hauptausschuss des Rates zählt zu den sogenannten Pflichtausschüssen. Durch die wichtigen Zuständigkeiten, die die Gemeindeordnung ihm verleiht, ist der Hauptausschuss besonders hervorgehoben.
In der Hauptsatzung der Stadt Kleve wird dessen „Zuständigkeit“ definiert. § 11 Absatz 2 enthält die folgende Festlegung:
„Der Haupt- und Finanzausschuss berät alle Angelegenheiten des Rates der Stadt Kleve vor. (…).“
ALLE (und nicht etwa „einige“ oder „die wichtigsten“) Angelegenheiten des Rates müssen vom Haupt- und Finanzausschuss vorberaten werden.
Die Tagesordnung der Ratssitzung am 03.07.2024 enthielt im öffentlichen Teil den Tagesordnungspunkt:
„Personenunterführung (PU) am Bahnhof Kleve“,
verbunden mit dem Beschlussvorschlag, der Rat möge beschließen,
„(…) die Planungen zur Personenunterführung weiterzuverfolgen und die Anträge auf Förderung durch Mittel der Städtebauförderung (IHK) sowie des ÖPNV-Gesetzes NRW zur Bewilligung einzureichen.“
Es handelt sich dabei um ein Bauprojekt, dessen Gesamtkosten die Stadtverwaltung derzeit auf insgesamt rd. 13,4 Mio. EUR schätzt. Eine detaillierte Kostenschätzung liegt nicht vor.
Eine Vorberatung dieser Angelegenheit des Rates im Haupt- und Finanzausschuss hatte es nicht gegeben. Der Rat hatte das Thema auch nicht „an sich gezogen“ = sich nicht vorbehalten, ohne Vorberatung durch den Hauptausschuss zu entscheiden. Und war auch keine Dringlichkeit behauptet worden, deren Feststellung eines Ratsbeschlusses bedurft hätte…
Dieses Vorgehen veranlasste das Ratsmitglied der Fraktion Offene Klever, Hannes Jaschinski, in der Ratssitzung am 3. Juli 2024 deshalb die Absetzung dieses Tagesordnungspunkts zu beantragen.
Laut Niederschrift über diese Ratssitzung wurde ihm vom Bürgermeister „entgegnet, dass die Thematik bereits mehrfach diskutiert worden sei. Bei der vorliegenden Drucksache gehe es nun lediglich um die konkrete Antragsstellung beim VRR.“ Anschließend beschloss der Rat „bei vier Gegenstimmen und einigen Enthaltungen, den Punkt nicht von der Tagesordnung abzusetzen. (…)“ .
Das „Argument“ des Bürgermeisters, die Thematik sei „bereits mehrfach diskutiert worden“, unterschlägt den Fakt, dass weder ein Fachausschuss des Rates (nicht einmal der Bau- und Planungsausschuss) noch der Haupt- und Finanzausschuss hierzu einen Beschlussempfehlung für den Rat ausgesprochen hatte.
Im Gegenteil: Immer wieder war behauptet worden – sowohl von der Stadtverwaltung als auch von einigen Ratsmitgliedern –, dass „der Rat“ doch längst die Unterführung am Bahnhof beschlossen hätte…
Den Beleg für diese Behauptung blieben alle schuldig. Kein Wunder, denn es gab ja keinen Ratsbeschluss. Bis zum 3. Juli 2024.
Zur Umgehung des Haupt- und Finanzausschusses, der ja „alle Angelegenheiten des Rates“ mitberaten soll, hat die Fraktion Offene Klever die Kommunalaufsicht deshalb um Prüfung gebeten.