Gestrichene “Thermografie”-Befliegung wirkt wie ein Goldesel
Das “Wunder der Brotvermehrung” wird im neuen Testament ausführlich beschrieben. In Kleves Stadtverwaltung scheint sich ein weiteres Wunder ereignet zu haben:
Eine im Haushalt 2022 veranschlagte, aber nicht durchgeführte Klimaschutzmaßnahme im Umfang von 150.000 EUR konnte vom Kämmerer gleich mehrfach verteilt werden: als Einsparung, zugleich zur Finanzierung von Mehrausgaben und dann – das wird sich in der Ratssitzung am 21. Juni 2023 zeigen – auch noch als Deckungsvorschlag für eine “Machbarkeitsstudie”, die die Realisierungsmöglichkeiten einer Landesgartenschau in Kleve untersuchen soll; 135.000 EUR soll der Rat dafür bewilligen.
In der Ratssitzung am 17. Mai 2023 hat Erster Beigeordneter Keysers zur Förderung von Balkon-Solaranlagen mitgeteilt:
„Erster Beigeordneter Keysers erläutert, dass es sich grundsätzlich um ein erfolgreiches Programm handele. Für das Haushaltsjahr 2022 seien 10.000 € und für das Haushaltsjahr 2023 seien 20.000 € bereitgestellt worden. In 2022 seien die beschlossenen Mittel von 10.000 € mehrfach auf insgesamt rund 57.000 € aufgestockt worden. Eine Deckung sei in Abstimmung mit dem Fachbereich 64 aufgrund der Einsparungen durch die nicht durchgeführte Thermographie-Befliegung möglich gewesen und einvernehmlich vom Fachbereich 64 mitgetragen worden. Die Thermographie-Befliegung sei, so wie sie veranschlagt worden sei, fachlich nicht sinnvoll gewesen. Demnach seien 57.000 € im IST 2022 verausgabt worden. In 2023 sei ein kleinerer Betrag in Höhe von 2.000 € aus 2022 verausgabt worden. Mittel in Höhe von 17.200 € seien derzeit gebunden. Daher seien insgesamt im Jahr 2022 und 2023 rund 75.000 € verausgabt bzw. per Bescheid zugesichert worden.“ (Niederschrift, S. 21)
Die Fraktion Offene Klever hat den Bürgermeister um schriftliche Beantwortung folgender Fragen gebeten:
- Aufgrund welcher Beschlüsse sind in 2022 die Mittel für die Forderung von Balkon-Solaranlagen „mehrfach“ auf insgesamt rund 57.000 € aufgestockt worden?
- Aus welcher Haushaltsstelle bzw. aus welchen Haushaltsstellen (bitte genau angeben) sind wann im Haushalt 2022 Mittel in welcher Höhe für die Förderung von Balkon-Solaranlagen verwendet bzw. umgewidmet worden?
- Der Stadtkämmerer hat im Haupt- und Finanzausschuss am 28.03.2023 mitgeteilt: „Die Mittel für die Thermographiebefliegung (…) hätten zu einem besseren Jahresabschluss beigetragen.“ (Niederschrift, S. 18). Diese Aussage enthält die Information, dass „die Mittel“ ungeschmälert zum Jahresabschluss 2022 beigetragen haben.
- In der Ratssitzung am 17.05.2023 ist durch die oben zitierte Mitteilung des Stadtkämmerers jedoch der Eindruck erweckt worden, die Deckung der zusätzlichen Mittel für Balkon-Solaranlagen sei „aufgrund der Einsparungen durch die nicht durchgeführte Thermographie-Befliegung möglich gewesen (…).“ Diese Aussage lässt den Schluss zu, dass Mehraufwendungen für Balkon-Solaranlagen aus dem Budget für die Thermographie-Befliegung finanziert worden sind. – Welche dieser Aussagen trifft zu?
- Aus welcher Haushaltsstelle ist in 2023 „ein kleinerer Betrag in Höhe von 2.000 € aus 2022 verausgabt worden“?
- Wieso hat die Stadtverwaltung für ein „erfolgreiches Programm“ (Stadtkämmerer Klaus Keysers in der Ratssitzung am 17.05.2023), dessen Budget sie im Haushalt 2022 mehr als verfünffacht hatte, in 2023 nur Fördermittel in Höhe von 20.000 € eingeplant?
- Wann hat die Stadtverwaltung entschieden, die Thermografie-Befliegung in 2022 nicht durchzuführen?
- Wieso wurde diese Entscheidung erst im Rahmen eines am 17.11.2022 vom Bürgermeister unterzeichneten Controllingberichts für den Ausschuss für Klima-, Umwelt- und Naturschutz 01.12.2022 mitgeteilt?