Nachtragshaushalt 2023: Am Klimaschutz wird gespart

Rücklagen sind gut gefüllt – Ausschuss-Beratung unterbleibt

Am Morgen der Sitzung des Haupt- und Finanzausschusseses, am Mittwoch, 07.06.2023, wurde der Entwurf des Nachtragshaushalts ins Ratsinformationssystem eingestellt: 352 Seiten.

Dieses voluminöse Werk soll am 21.06.2023 vom Rat beschlossen werden – ohne Vorberatung in einem Ausschuss. Änderungsanträge hätten spätestens am 11.06. (Sonntag) vorgelegt werden müssen, um in die Tagesordnung aufgenommen zu werden.

Dass die Ratsfraktionen in der Regel am 12. oder 13.06. ihre Sitzungen abhalten, ist auch im Rathaus bekannt. Durch die enge Terminplanung wird die „Antragsflut“ gestoppt. Wird eine Fraktion, die nicht zur „Prätorianer-Garde“ des Bürgermeisters gehört, in der Ratssitzung einen Änderungsantrag einbringen (was möglich wäre), dann wird die Debatte mit dem Satz abgewürgt: „Das konnten wir in unserer Fraktion nicht beraten!“

Der Nachtragshaushalt wird ohne Detailberatung am 21.06.2023 beschlossen werden. Daran gibt es keinen Zweifel. Alles andere würde die Stadtspitze verstimmen.

Ein erster Blick in die Unterlagen ergibt:

Das Haushaltsjahr 2022 schloss mit einem Überschuss in Höhe von rd. 10,4 Mio. EUR ab.

Die Ausgleichsrücklage der Stadt zur Finanzierung von Haushaltsdefiziten wuchs auf 44,5 Mio. EUR.

Für das Haushaltsjahr 2023 wurde ursprünglich ein Defizit von rd. 4,9 Mio. EUR veranschlagt; laut Nachtragshaushaltsentwurf vermindert sich die Deckungslücke zwischen Erträgen und Aufwendungen um 2 Mio. EUR auf 2,9 Mio. EUR.

Die Umweltbetriebe führen einen um 400.000 EUR höheren Gewinn an die Stadt ab.

Das Gebäudemanagement spart bei den Energiekosten 403.000 EUR ein.

Diese Entwicklung veranlasst Bürgermeister und Stadtkämmerer, die Bereitstellung von 40.000 EUR für die weitere Förderung von Balkon-Solaranlagen im Haushalt infrage zu stellen.

135.000 EUR für eine „Potenzialanalyse“ zu einer Landesgartenschau in Kleve sind da nur „Peanuts“. Bürgermeister und Stadtkämmerer sehen das wohl so.

Ebenfalls finanzierbar ist, aus Sicht der Stadtspitze, eine zusätzliche Beamtenstelle („höherer Dienst“, A 14) für das Bürgermeisterbüro. Deren Aufgaben kann nur eine Person aus der höchsten Laufbahngruppe für Beamte erledigen. Es wird auch Zeit, dass der Bürgermeister endlich „den Rücken freibekommt“, um sich auf die Kommunalwahl vorzubereiten.

Die Freigiebigkeit der Stadtspitze hat ihre Grenze: Und das sind die Anträge, in denen zusätzliches Personal für Klima- und Umweltschutz oder für die Umsetzung des Mobilitätskonzepts gefordert wird. Letzteres enthält 54 Handlungsfelder, denen 874 Einzelmaßnahmen zugeordnet werden.

Dass im Rathaus eine Person fehlt, die beispielsweise dafür sorgt, dass die im (längst überholungsbedürftigen) Radwegekonzept veranschlagten Maßnahmen umgesetzt werden, belegt die Tatsache, dass rd. 61.000 EUR nicht ausgegeben worden sind. Ebenfalls “auf Halde” liegen 40.000 EUR aus 2022 für “Barrierefreiheit auf der Fußgängerzone”. Hat mit Mobilität wohl nichts zu tun?!

Die im Haushalt 2023 gegenüber 2022 drastisch gekürzten Mittel für den Klimaschutzmanager und für Klimaschutzmaßnahmen werden nicht aufgestockt.

Interessant und stets wiederkehrend ist das Verschieben von Investitionen im Bereich „Tiefbau“:

Rund 560.000 EUR sollen auf spätere Jahre verschoben werden, darunter auch der Ausbau des Gewerbegebiets im Bereich „Karl-Kisters-Straße“.

Grundsätzlich sind die überbordenden kreditfinanzierten Investitionsvorhaben – geparkt in in den Haushalten der städtischen Tochtergesellschaften – für die Stadtverwaltung ein Tabu. Zweimalige Versuche der Offenen Klever, hier im Rahmen einer interfraktionellen Arbeitsgruppe oder eines Ausschusses nach Einsparmöglichkeiten zu suchen, wurden im Rat abgelehnt.

Erfreulich, dass der Antrag der Offenen Klever aus April 2023, Fördermittel für die kommunale Wärmeplanung einzuwerben, von der Stadtverwaltung umgesetzt worden ist – im Mai. Nachdem die Stadtverwaltung zu einem OK-Antrag auf Änderung der Stellplatz-Ablösesatzung zugunsten von Fahrradabstellplätzen mitgeteilt hatte, das sei bereits in Arbeit (wir warten auf den Entwurf), freuen wir uns über einen weiteren Erfolg.