Eine Fraktion drohte mit dem Verwaltungsgericht

Bürgermeister nicht mehr seiner Meinung – Rat wird nicht unterrichtet

(Wird fortlaufend aktualisiert.)

Wenn ein Ratsmitglied oder gleich eine ganze Fraktion sich in seinen/ihren Rechten verletzt fühlt, dann kann das gerichtlich festgestellt werden. Man nennt das juristisch ein “Organstreitverfahren.” Ein solches Verfahren ist dann gegeben, wenn der Kläger (Ratsmitglied, Fraktion) nachweisen kann, dass er in seinen Rechten verletzt wurde. Die Kosten dafür trägt die Gemeinde/Stadt.

So weit, ganz allgemein, die Theorie.

Die vom Bürgermeister aufgestellte Tagesordnung der Ratssitzung am 21. Februar 2024 enthielt den TOP “Satzung über die Verringerung der Zahl der bei der Kommunalwahl für den Rat der Stadt Kleve zu wählenden Ratsmitglieder (Antrag AfD)“.

Da der Rat am 23. September 2023 mehrheitlich beschlossen hatte, die Stadtverwaltung damit zu beauftragen, einen Vorschlag für die Neueinteilung der Stadt in nur noch 20 statt 22 Wahlkreise so rechtzeitig vorzulegen, dass diese zur Kommunalwahl 2025 wirksam werden könnte, bat die SPD-Fraktion um Absetzung von der Tagesordnung.

Zur nicht geringen Überraschung vieler Ratsmitglieder teilte Bürgermeister Gebing mit, ihn habe ein Schreiben einer Anwaltskanzlei Höcker erreicht, in dem diese für ihre Mandantin (AfD-Fraktion), ein Organstreitverfahren angedroht habe. Um welchen Sachverhalt es sich dabei handelte, verschwieg der Bürgermeister.

Er teilte dem Rat lediglich mit, er habe dieses Schreiben geprüft bzw. prüfen lassen und sich dann entschieden, einen AfD-Antrag erneut in die Tagesordnungspunkt einer Ratssitzung aufzunehmen. – Was der Bürgermeister hatte prüfen lassen und aufgrund welcher Argumente er einen AfD-Antrag noch einmal in die Tagesordnung des Rates aufgenommen hatte – auch dazu schwieg der Bürgermeister.

Daraufhin beantragte die Fraktion Offene Klever die Vertagung dieses TOPs auf die nächste Ratssitzung, um Gelegenheit zu bekommen, das anwaltliche Schreiben und das Ergebnis der internen Prüfung zur Kenntnis zu nehmen. Auf der Grundlage dieser Informationen sollte der Rat dann in seiner nächsten Sitzung über den AfD-Antrag abstimmen.

Die AfD bestand auf Abstimmung in der Ratssitzung.

Der Vertagungsantrag der Offenen Klever wurde durch AfD, CDU und die Grünen abgelehnt.

In der Abstimmung erhielt der AfD-Antrag dann nur zwei Stimmen.

Ohne an dieser Stelle das Für und Wider des AfD-Antrags diskutieren zu wollen, bleibt festzuhalten:

  • Dem Bürgermeister ist am 12. Dezember 2023 per Mail ein Kommunalverfassungsstreitverfahren durch eine Ratsfraktion angedroht worden. (Am 13. Dezember 2023 tagte der Rat.)
  • Der Bürgermeister hat diese Information bzw. dieses Schreiben den Ratsfraktionen vorenthalten.
  • Dem Bürgermeister wurde eine Frist bis zum 5. Januar 2024 gesetzt, eine Erklärung abzugeben, so zu verfahren, wie die Anwaltskanzlei das verlangte.
  • Der Bürgermeister hat – wie wir mittlerweile erfahren haben – diese Erklärung am 19. Dezember 2023 abgegeben.
  • Von dieser Frist und von dieser Erklärung ist der Rat vom Bürgermeister erst am 23. Februar unterrichtet worden.

Der Bürgermeister, der nicht an sich halten konnte, im Haupt- und Finanzausschuss den TOP “Gleichstellungsplan” mit der Mitteilung einer angeblich gegen ihn eingereichten, jedoch zurückgewiesenen “Dienstaufsichtsbeschwerde” einzuleiten, hatte den Rat und die Fraktionen des Rates bis gestern, 21. Februar 2024, kurz nach 17 Uhr, von einem angedrohten kommunalverfassungsrechtlichen Streitverfahrens mit keiner Silbe unterrichtet.

Der Bürgermeister ist gegenüber dem Rat seiner “Unterrichtungspflicht” aus § 62 der Gemeindeordnung in vollem Umfang nicht nachgekommen.

Ja, der Bürgermeister hat es nicht mal für erforderlich gehalten, wenigstens die Fraktionsvorsitzenden zu informieren. Wozu gibt es das Gremium “Fraktionsvorsitzendenkonferenz”?

Es war natürlich ein Versehen…

Zwei Tage nach der Ratssitzung am 21. Februar 2024 übermittelte der Bürgermeister den Fraktionsvorsitzenden und einem fraktionslosen Ratsmitglied mit Mail das anwaltliche Schreiben und seine Stellungnahme dazu.

Aber da war die Messe längst gesungen…

Was bleibt?

Bürgermeister Gebing hat durch sein Verhalten der AfD die Gelegenheit verschafft, sich als “Opfer” zu präsentieren, das einen Anwalt einschalten musste, um sein/ihr Recht durchzusetzen…