Mindestquote für preiswerten Wohnungsbau

Antrag: Grundsatzbeschluss zur Wohnungsbauförderung

Der Rat der Stadt Kleve möge nach Vorberatung im Bau- und Planungsausschuss, im Ausschuss für Steuern- und Liegenschaften sowie im Haupt- und Finanzausschuss beschließen:

  1. Bei Wohnungsbauvorhaben auf privaten Grundstücken im Rahmen von Bebauungsplänen mit städtebaulichem Vertrag bzw. bei vorhabenbezogenen Bebauungsplänen mit Durchführungsvertrag sind insgesamt mindestens ein Drittel der geplanten Wohneinheiten im öffentlich geförderten Wohnungsbau gemäß Wohnraumförderungsbestimmungen des Landes NRW zu realisieren.
  2. Städtische Grundstücke sind mit einer Mindestquote von einem Drittel für öffentlich geförderten Wohnungsbau zu entwickeln. Der Anteil des öffentlich geförderten Wohnungsbaus muss dabei mindestens ein Drittel betragen und kann auf bis zu 50% erhöht werden.
  3. Die Stadtverwaltung wird beauftragt, das gesamte Stadtgebiet im Hinblick darauf zu untersuchen, welche Quartiere sich grundsätzlich für die quotierte Ausweisungen von öffentlich gefördertem Wohnungsbau eignen.
  4. Die Vergabe städtischer Grundstücke für Wohnbauflächen erfolgt grundsätzlich im Erbbaurecht. Hierbei gilt:
    a. Auf Wohnbauflächen wird dauerhaft preiswerter Mietwohnraum (Mindestquote) zur Verfügung gestellt, der auch nach Bindungswegfall preiswert bleibt. Die Schaffung von Wohnraum umfasst dabei auch Gruppenwohnungen für Studierende und Auszubildende sowie für ältere Menschen und pflegebedürftige oder behinderte Menschen mit Betreuungsbedarf (ambulant betreute Gruppen). Stationäre Pflegeeinrichtungen können im Rahmen der Quotierungsregelung angerechnet werden. Klimafreundlicher Bau, klimafreundliche Unterhaltung und Versorgung des Wohnraums sind Grundlage der Vergabeentscheidung.
    b. Städtische Wohnbaugrundstücke sind entsprechend dieser Zielsetzung zu entwickeln.
    c. Im Rahmen der Verhandlungen zu städtebaulichen Verträgen sind die Investorinnen und Investoren unter Berücksichtigung der Sach- und Rechtslage standardmäßig zu verpflichten, die maximal mögliche Bindungsdauer von 30 Jahren zu wählen. Die Festlegung der Quote wird in den jeweiligen städtebaulichen Verträgen bzw. Durchführungsverträgen unter Berücksichtigung des Angemessenheitsgrundsatzes nach § 11 Absatz 2 BauGB zwischen den Planungsbegünstigten und der Stadt festgeschrieben.
    d. Bei der Vergabe städtischer Grundstücke soll Investoren und Wohnungsbaugesellschaften Vorzug gegeben werden, deren Rechtsform oder Eigentümerstruktur es wahrscheinlich erscheinen lassen, dass sie über Ablauf der Bindungsfrist für öffentlich geförderte Wohnungen hinaus nicht in erster Linie profit-, sondern gemeinwohlorientiert agieren. Dabei sind Firmen im städtischen Besitz oder mit städtischer Beteiligung, soweit rechtlich möglich (Inhouse-Vergabe), bevorzugt zu behandeln.
    e. Diese Regelungen der städtischen Liegenschaftspolitik sind auch für städtische Tochterunternehmen verbindlich und über entsprechende Beschlüsse (§ 113 Abs. 1 Satz 2 der Gemeindeordnung) unverzüglich herbeizuführen.
  5. Die Stadtverwaltung wird beauftragt, im Sinne dieses Grundsatzbeschlusses und unter Ausschöpfung planungsrechtlicher Möglichkeiten, etwa mittels städtebaulicher Verträge im Rahmen von Bauleitplanverfahren, zu verfahren.
  6. Abweichungen sind im Einzelfall nach politischer Beschlussfassung möglich. Wenn standort- und quartiersbezogene Besonderheiten es gebieten, individuelle Lösungen zu erarbeiten, die unter Berücksichtigung des Angemessenheitsgrundsatzes nach § 11 Absatz 2 BauGB zur Abweichung von der zuvor genannten Quotierung führen, müssen diese durch den Rat bzw. seine Gremien beschlossen werden. Abweichungen werden nicht auf Grund von hohen Grundstückpreisen oder einer abweichenden Zielkonzeption eines Investierenden gewährt.
  7. Die Regelungen gelten für alle zukünftigen Bebauungsplanverfahren sowie für bereits begonnene Bebauungsplanverfahren, bei denen zum Ratsbeschluss am xx.xx.2022 die zweite Behördenbeteiligung nach § 4 Absatz 2 Baugesetzbuch noch nicht begonnen wurde.

    Begründung:
    Hohe Baukosten machen Neubauprojekte unwirtschaftlich; extreme Preisanstiege bei Baustoffen, Lieferprobleme, zu wenig Handwerker, teure Grundstücke, steigende Hypothekenzinsen. Corona und der Ukrainekrieg haben Lieferketten unterbrochen und Versorgungsprobleme geschaffen: bei manchen Baustoffen liegen die Preissteigerungen im Vergleich zum Mai 2021 im zweistelligen Bereich (Quelle: NDR-Niedersachsen, 23.05.2022).

    Der überwiegende Teil von Bebauungsplänen in Kleve setzt ausschließlich oder weit überwiegend Einfamilienhäuser oder Doppelhäuser als zulässig fest. Im Bereich der frei finanzierten Wohnungen ist mittlerweile ein Preisniveau erreicht worden, das für den durchschnittlich gefüllten Geldbeutel kaum noch bezahlbar ist. Die Mittelschicht und Menschen mit wenig Geld finden kaum noch bezahlbaren Wohnraum.

    Ausgewogene Mieterstrukturen sowie eine soziale, ethnische und generative Mischung auf den Ebenen „Quartier“, „Block“ und „Haus“ können erreicht werden, wenn die Stadt als öffentlicher Akteur am Markt mitmischen kann, d.h. über Eingriffsreserven im Bestand sowie über Grund und Boden verfügt. Die Stadt kann für den sozialen Wohnungsbau Bauland günstig zur Verfügung zu stellen.

    Die Offenen Klever möchten das gesamte Stadtgebiet im Hinblick darauf untersuchen lassen, welche Quartiere sich grundsätzlich für die quotierte Ausweisungen von Sozialwohnungen eignen.

    Die Offenen Klever streben keinen einzelfallbezogenen Beschluss an, sondern eine Grundsatzentscheidung. Eine solche Vorgehensweise ist nachhaltig.

    Die Offenen Klever wollen den öffentlich geförderten Mietwohnungsbau in Kleve voranbringen. Dieser muss jedoch mit sozialräumlichen Zielen verknüpft werden: Der nur einzelfallbezogene Bau von einem Drittel Sozialwohnungen in zwei Quartieren birgt das Risiko der Segregation (Ghettoisierung).

    Die Offenen Klever wollen die mehrheitlich von der Stadt Kleve kontrollierte Wohnungsbaugesellschaft „GeWoGe“ stärker in die Pflicht nehmen, sozialen Wohnungsbau zu realisieren, beispielsweise auch im Bereich „Schweinemarkt“. Dafür wäre aber eine Grundsatzentscheidung des Rates die Voraussetzung: Solange die Stadt von der „GeWoGe“, die 2020 einen Überschuss von rd. 1,1 Mio. EUR erzielte, eine Dividende erwartet, ist diese Wohnungsbaugesellschaft gehalten, verstärkt für „Besserverdienende“ zu bauen, um Gewinne aus dem Unternehmenszweig „Bauträgergeschäft“ zu erzielen.

    Sollte es im Einzelfall Gründe geben, warum dieser Grundsatzbeschluss keine Anwendung finden soll, entscheidet der Rat darüber.