Ja zum Haushalt: Kein Blanko-Scheck für die Zukunft!

Rede von Anne Fuchs zum Haushalt 2019:

In der Ratssitzung am 18. Dezember 2018 hat unser Ratsmitglied Anne Fuchs zum TOP „Haushaltssatzung und Stellenplan der Stadt Kleve sowie Wirtschaftspläne der Umweltbetriebe der Stadt Kleve AöR und des Gebäudemanagements der Stadt Kleve für das Jahr 2019“ folgende Rede gehalten:

Liebe Bürgermeisterin, meine Damen und Herren,

dass ich heute hier vor Ihnen stehe, um als fraktionsloses Ratsmitglied zum Haushalt zu sprechen, ist nicht das Ergebnis meiner politischen Lebensplanung. Es fällt mir also nicht leicht.Heute hier zu reden, das entspricht meiner Verantwortung gegenüber den Wählerinnen und Wählern, die bei der Kommunalwahl für die Liste der „Offenen Klever“ gestimmt haben.

Gestatten Sie mir, dass ich grundsätzliche Bemerkungen zu meinem politischen Selbstverständnis als fraktionsloses Ratsmitglied mache.

Bei der Kommunalwahl haben 1.878 Bürgerinnen und Bürgern für Programm und Kandidaten der „Offenen Klever“ gestimmt. 11% der Wählerinnen und Wähler wollen, dass im Rat für diese Ziele gekämpft wird – ob als fünfköpfige OK-Fraktion oder nun eben durch ein einzelnes Ratsmitglied! Die rund 1.900 Wählerinnen und Wähler, die 2014 nicht für die CDU, die SPD, die Grünen oder die FDP gestimmt haben, haben ein Recht darauf, hier im Rat gehört zu werden.

Obwohl ich zurzeit das einzige Ratsmitglied der „OK“ bin, so agiere ich doch nicht völlig losgelöst im luftleeren Raum oder auf eigene Rechnung, sondern als „Offene Kleverin“. Deren fünfköpfige Fraktion wurde durch Mandatsmitnahmen aufgelöst. Diese Entwicklung mag man beklagen oder bejubeln. Fakt ist, dass es die „Offenen Klever“ immer noch gibt. Wir sind und bleiben aktiv.

Wir setzen uns für Ziele und Grundsätze ein, für die 11% der Wählerinnen und Wähler gestimmt haben. Im Mittelpunkt unserer Arbeit steht Kleve. Zu 100%. Denn keine Landes- oder Bundespartei macht uns Vorgaben oder steckt uns in ihr strategisches Korsett!

In diesem Zusammenhang empfinde ich mich auch nicht als fraktionslos, sondern als fraktionsfrei. Ich bin frei davon, mich Personen unterzuordnen, die unser Wahlprogramm nicht ernst nehmen.

Wir haben als „Offene Klever“ 2014 das Wahlversprechen gemacht, wir würden „weiter darauf drängen, dass mehr Transparenz in unsere Stadt einzieht und möglichst viele Informationen den Weg in die Öffentlichkeit finden“.

Mehr Transparenz täte auch dem Haushalt gut, denn „Ziele und Kennzahlen sollen zur Grundlage der Gestaltung der Planung, Steuerung und Erfolgskontrolle des jährlichen Haushalts gemacht werden.“ Soweit die Theorie, nachzulesen in der für uns alle verbindlichen Gemeindehaushaltsverordnung, Paragraph 12.  

So wollten wir beispielweise beim Produkt „Natur- und Landschaftspflege“ die Grunddaten um die Anzahl nicht genehmigter Anträge auf Baumfällungen ergänzen. Uns wurde entgegengehalten, damit würden wir die Verwaltung im Tiefbaubereich lahmlegen. Im Haupt- und Finanzausschuss fällte die Verwaltung das Urteil, der Nutzen sei nicht erkennbar.

Ich frage: Nutzen für wen? Kontrolliert der Rat die Verwaltung, wie es die Gemeindeordnung uns allen aufgibt? – Wir wollen und werden uns jedenfalls nicht damit zufriedengeben, vierteljährlich die genehmigten Baumfällungen einfach nur zur Kenntnis zu nehmen.

Zum Haushaltsentwurf 2019 hatte ich neun Änderungsanträge vorgelegt, die ich mit den sachkundigen Bürgerinnen und Bürgern der „OK“ ausgearbeitet hatte. Verglichen mit dem relativ überschaubaren „Output“ einiger Ratsfraktionen sind diese Anträge ja keine schlechte Leistungsbilanz. Und da sie im Haupt- und Finanzausschuss auch nicht auf eine geschlossene Ablehnungsfront gestoßen sind, können wir ja nicht alles falsch gemacht haben. Aber da ist noch Entwicklungspotenzial. Das werden wir nutzen.

Durch den Abgang einiger Ratsmitglieder war unsere politische Handlungsfähigkeit ja leider eingeschränkt. Deshalb konnten wir diesen Haushalt nicht so tief analysieren und durcharbeiten, wie wir es in den vorigen Jahren gemacht hatten. Das wird sich nicht wiederholen.

Ich danke Herrn Stadtkämmerer Haas ausdrücklich dafür, dass er mir und einigen Mitgliedern des kommunalpolitischen Arbeitskreises der OK für ein Gespräch über den Haushalt zur Verfügung gestanden hat. Sie haben dabei, Herr Haas, mit Geduld und Freundlichkeit sowohl rund zwei Dutzend schriftliche als auch noch mehr mündliche Fragen beantwortet. Ich weiß Ihren fairen Umgang mit mir, mit uns, sehr zu schätzen.

An dieser Stelle danke ich auch dem Technischen Beigeordneten, Herrn Rauer. Sie und Ihr Team sind stets bereit gewesen, mit mir, mit uns, Themen des Bau- und Planungsausschusses detailliert zu besprechen. Ich hoffe, das wird auch 2019 so sein. Vielen Dank, Herr Rauer!

Meine Damen und Herren,

die meisten unserer Anträge zum Haushaltsentwurf fanden im Haupt- und Finanzausschuss keine Unterstützung. Ich beklage das nicht. Ich stelle das nur ganz nüchtern fest. Realpolitisch betrachtet freue ich mich nämlich, dass die „Offenen Klever“ zwei wesentliche Ziele erreicht haben, während andere mit ihrem einzigen Antrag – einem unverbindlichen Prüfauftrag! – im Haupt- und Finanzausschuss gescheitert sind.

Es wird, wie von uns beantragt, eine deutliche Erhöhung der Mittel für den Denkmalschutz geben, und unser Vorschlag zum Kulturleitplan hat in seinem Kern einem CDU-Antrag entsprochen, den ich gerne unterstützt habe. Es bewegt sich also etwas in die richtige Richtung.

Ich werde deshalb der Haushaltssatzung 2019 zustimmen. Mein Ja – und damit das Ja der „Offenen Klever“ zum Haushalt – sollten Sie aber nicht als Blanko-Scheck für künftige Haushaltsjahre missdeuten!

Denn insbesondere Ihr Nein zu unserem Antrag, die Stelle für den Denkmalschutz aufzustocken, verheißt nichts Gutes. Es belegt, wie wenig Verwaltung und Ratsmehrheit daran interessiert sind, sich um die bauliche Vergangenheit Kleves zu kümmern.

Mithilfe eines Gestaltungsbeirat könnte es gelingen, nicht nur gutes Altes zu bewahren, sondern auch das Neue zukunftsweisend zu gestalten. Wenn jedoch ohne gestalterische Vorgaben stets nur das bewilligt wird, was Investoren als architektonische Schlichtbauten planen, dann wird unsere Stadt ihre Individualität verlieren: Wir wollen keine standardisierte, ausdruckslose Kleinstadtarchitektur!

Mit Bedauern haben wir zur Kenntnis genommen, dass die schwarz-grüne Mehrheit keine Mittel für einen Gestaltungsbeirat bewilligt hat, der dazu beitragen könnte, in Kleve moderne Architektur entstehen zu lassen, die das Gesicht unserer Stadt individuell prägt.

Dass die CDU hier wenig Bewegung zeigen würde, war uns schon bei der Antragstellung klar gewesen. Das Nein von Bündnis90/Die Grünen haben wir jedoch überrascht und interessiert notiert.

Meine Damen und Herren von den Bündnisgrünen, ich verspreche Ihnen: Die Wiedervorlage unseres Antrags ist notiert. Und zugleich freue ich mich auf Debatten und Abstimmungen über eine nachhaltige Baumschutzsatzung, die auch städtische Bäume erfasst. Wir werden dazu einen Vorschlag machen.

Ein politisches Ziel der „Offenen Klever“ habe ich erreicht, ohne dafür einen Antrag gestellt haben: Mehr als vier Jahre nach der Kommunalwahl können wir unser Versprechen erfüllen, „nicht an Fraktionsvorsitzendenkonferenzen teilnehmen“ zu wollen. Zu Sitzungen dieses Gremiums, das in der Gemeindeordnung ja nicht vorkommt, werde ich nicht eingeladen. Das gibt anderen die Gelegenheit, staatsmännisch-gereift in einem vermeintlich exklusiven Zirkel zu glänzen.

Mich zugleich auch „dafür einzusetzen, dass dieses Instrument abgeschafft wird“, ist für mich keine hohle Phrase aus dem Wahlprogramm! Es ist eine Selbstverständlichkeit und ein Versprechen zugleich.

Meine Damen und Herren,

für mich und für die „Offenen Klever“, die ich hier vertrete, gilt auch eine weitere Aussage aus unserem Wahlprogramm ohne Einschränkung:

„Wir sind keinem Investor, keinem Industriebetrieb, keinem Verein und keiner sonstigen Organisation verpflichtet.“

Ich füge hinzu: Wir sind auch keiner grauen Eminenz verpflichtet!

Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit!

Ich wünsche uns allen friedvolle Weihnachstage und ein gutes, gesundes Neues Jahr!