Haushaltsrede 2013

Sehr geehrter Herr Bürgermeister,
sehr geehrter Herr Kämmerer,
sehr geehrte Kollegen des Rates,
sehr geehrte Vertreter der Presse,
sehr geehrte Bürgerinnen und Bürger,

der heute zur Abstimmung stehende städtische Haushalt mit seinem umfangreichen Datenpaket ist auch in diesem Jahr wieder ein Werk, das Aufschluss über die Politik des Bürgermeisters gibt. Wir geben uns nicht der Illusion hin, dass die Mehrheit des Rates grundsätzlich andere Weichenstellungen für unseren städtischen Haushalt vornehmen wird. Schließlich hat sich schon in den Vorjahren gezeigt, dass zu mehr als einem standhaften „Weiter so“ keine Kraft und Bereitschaft besteht. Trotzdem werde ich Ihnen unsere Sicht des Haushalts nicht ersparen, damit deutlich wird, worum es sich wirklich handelt und keiner sagen kann, er hätte es nicht gewusst bzw. wissen können.
Auf den ersten Blick sieht der Haushalt ganz erfreulich aus – er sieht so gut aus, dass uns die Ruhrgebietskommunen darum sicher beneiden würden. Aber hält dieser Eindruck einer genaueren Überprüfung stand?
Welche Ziele der Haushalt formuliert, wird auf der Seite 32 mitteilt, auf der lauter hehre Ziele aufgelistet sind, denen – wie bei Allgemeinplätzen üblich – keiner ernsthaft widersprechen wird. Viel auffälliger ist jedoch, was dort nicht aufgeführt wird! Jede Aussage zu den finanzpolitischen Zielen fehlt.

  • Kein Wort über solide Finanzpolitik,
  • kein Wort über Ressourcenschonung und Substanzerhalt,
  • kein Wort zum Schuldenabbau.

Dieser Haushalt spricht von einer Unterdeckung von 0,4 Mio Euro, der verschweigt jedoch, wie groß die Verluste sind, die durch Grundstücksverkäufe, durch Gebäudeverbrauch, durch unterlassene Erhaltungsmaßnahmen etc. entstanden sind. Blicken wir auf die Substanzentwicklung wird schnell deutlich: Unsere Stadt ist erheblich ärmer geworden, weil die Substanz in Form von Grundstücken und Gebäuden geschrumpft ist. Der Minoritenplatz wird bald das prominenteste Stück Land in Kleve, das durch Verkauf den Haushalt schönt. Dabei gibt es auch andere Geschäftsformen wie etwa die Pacht, die es ermöglichen Stadtentwicklung zu betreiben ohne an Substanz zu verlieren.

Meine Damen und Herren, Grund und Boden kann man nur einmal verkaufen – jeder Privatmann weiß das und Kleves Vertreter der Bau- und Hotelbranche wissen es auch.

Aber Sie haben dem Verkauf des Volksbank-Geländes doch in diesem Rat einstimmig zugestimmt, wird man uns vorhalten. Ja, das stimmt — aber es stimmt auch, dass wir unzureichend informiert wurden. Heute wissen wir nämlich, dass die Volksbank das Grundstück gar nicht wollte, sondern von der Stadt gedrängt wurde, sich darum zu bewerben. Wir wissen heute aus erster Hand, dass die Volksbank ein Grundstück parallel zur Deutschen Bank gegenüber dem Bürgerbüro favorisiert hat und erst von dieser Verwaltung auf den jetzt vorgesehenen Platz gedrängt wurde. Meine Damen und Herren aus den anderen Fraktionen: Ist Ihnen diese Tatsache eigentlich bekannt?

Der erstaunte Beobachter reibt sich die Augen und fragt: Wie kann man von einem nahezu ausgeglichenen Haushalt sprechen, wenn trotz Verkauf von Grundstücken, trotz Millionen Euro an Abgaben der Stadtwerke an die Stadtkasse, trotz Kreditaufnahme von 9 Millionen Euro im Gebäudemanagement weiterhin ein riesiger Reparaturstau besteht. Wer hat das zu verantworten und welche Motivation treibt den Bürgermeister und die Mehrheitsfraktion dabei? Wir sehen zwei Gründe: Einerseits wird mit dem Rathaus-Neubau auf Bürgers Kosten am Nachruhm gestrickt und andererseits wirft die nächste Wahl ihre Schatten voraus. Indem man einen geschönten Haushalt vorstellt, glaubt man die wahren Verhältnisse verschleiern zu können.
Wir schlagen vor, mit einer substanzerhaltenden, sparsamen Haushaltsführung sofort zu beginnen. Unsere Anträge sind ausnahmslos darauf gerichtet, den Klever Haushalt zu entlasten und nachhaltig zu wirtschaften.

So ist bspw. eine Fusion von Wirtschaftsförderung und Stadtmarketing dringend geboten. Mit der Wirtschaftsförderung Kreis Kleve unterhalten wir 2 Wirtschaftsförderungen, obwohl wir nur eine brauchen. Durch die Fusion von Wirtschaftsförderung Stadt Kleve mit dem Stadtmarketing können sowohl doppelte Aufgabenbereiche an den Kreis abgegeben und als auch deren doppelte Kosten eingespart werden.
Ein weiterer Kostenfaktor ist u.a. das Technologie-Zentrum, das in den 80iger Jahren hochmodern war und heute in einer vernetzten Welt obsolet ist. Trotzdem wird es jedes Jahr mit ca. 85.000 Euro von der Stadt Kleve subventioniert. Bei Mietern wie der IHK oder einem werksärztlichen Dienst zeigt sich überdies, dass das Technologiezentrum in erster Linie nicht von Existenzgründern genutzt wird. Außerdem kann man 2 Einführungsseminare innerhalb eines Jahres nicht wirklich als eine Kooperation mit der Hochschule bezeichnen.

Nun wie kommt man trotz der überflüssigen Ausgaben scheinbar so gut über die Runden? Wie in jedem Jahr werden wieder städtische Betriebe wie bspw. die Stadtwerke herangezogen. Statt die Bürger durch Tarifsenkungen zu entlasten, wird über die Gewinne der städtische Haushalt gestützt. Es ist ein Umstand, den die Offenen Klever seit Jahren bemängeln, aber lieber bedient man sich dieser einfachen Methode statt effektiv zu haushalten. Hier sehen wir einen Substanzverlust durch überhöhte Tarife direkt beim Bürger selbst.

Ein Substanzgewinn kann dagegen auch mit Maßnahmen erfolgen, die nur einen kleinen Einsatz verlangen, aber umso mehr für Kleve zurückgeben. Zum einen der Gestaltungsbeirat, der frühzeitig der Stadt bei Planungen zur Seite steht, um Substanz zu erhalten und um neue Bauvorhaben harmonisch in die Stadt einzugliedern. Ein Gestaltungsbeirat hätte die Zerstörung von Sichtachsen in Kleve verhindert, die aus bauhistorischer und touristischer Sicht einen wertvollen Beitrag zu Kleves Charme beigetragen haben.
Zum anderen ist das Jugendparlament als substanzgewinnende Maßnahme zu nennen. Kleves Jugendliche lernen hier u.a. sich politisch zu engagieren und ihren persönlichen Beitrag für das öffentliche Leben in Kleve zu leisten.
Beide Aspekte sind sogenannte weiche Faktoren, die aber den Standort Kleve nachhaltig stärken werden.

Wie eingangs erwähnt, sehen wir nicht die Bereitschaft und die Kraft dem Substanzverlust entgegenzutreten. Das jetzt erst gemachte Plusergebnis für 2012 kann diese Einschätzung nicht ändern. Der Substanzverlust, der aus vielen Einzelpositionen des Haushalts erkennbar ist, wird nirgendwo bilanziert. Das schönt das Bild und verschleiert, dass die Substanzverluste in 2013 und auch in 2014 ein Vielfaches höher sind als das Plusergebnis. Um der Belastung der nächsten Jahre zu begegnen, sollte mit dem Überschuss aus 2012 eine Rücklage gebildet werden, da ein Polster für Notlagen dringend notwendig wäre. Das scheinbar schöne Ergebnis reicht Ihnen wohl aus. Es ist aber zu wenig, damit Kleve in Zukunft auf einer soliden Grundlage steht.

Die Offenen Klever können daher dem Haushalt nicht zustimmen.